"Es war vieles Zufall. Ich wollte eigentlich Medizin studieren und Ärztin werden", erzählt Susie Faltermeier, die Pflegedienstleiterin im Caritas-Seniorenheim St. Josef in Nürnberg-Langwasser ist und dieses Jahr ihr 40-jähriges Dienstjubiläum in der Einrichtung feiert. Doch als sie 16 Jahre alt war, verunglückte ihr Vater tödlich. Sie entschied dann aus familiären Gründen, mit 18 nach der zwölften Klasse die Schule zu verlassen und schaute sich um, wo sie eine Ausbildung machen konnte, die mit Menschen und mit Medizin zu tun hatte. "Ich blätterte das Telefonbuch durch und erkundigte mich zu verschiedensten Berufen, von der Krankengymnastik bis zur Logopädie. Für diese Ausbildungen wurde damals ein Vorpraktikum verlangt." Schließlich hatte sie zwei Zusagen: von einem Kindergarten und vom Caritas-Seniorenheim St. Josef in Nürnberg-Langwasser. "Für Letzteres entschied ich mich dann nach einem sehr guten Vorstellungsgespräch mit den damals das Haus leitenden Niederbronner Schwestern. Die erste Woche war schon schwierig, alles war fremd für mich", erinnert sich die heute 59-jährige Altenpflegerin, die seit 1998 Pflegedienstleiterin ist. Doch sie wusste schnell, dass sie bleiben wollte. "Ich fand diese Arbeit so spannend und wertvoll und ich hatte schon damals mit 18 Jahren so viel Verantwortung übertragen bekommen, dass ich geblieben bin. Nach der ersten Woche wusste ich bereits, dass ich Altenpflegerin werden wollte."
Einmal wollte sie das Haus verlassen
Lediglich einmal in ihren 40 Jahren hatte sie vor, das Seniorenheim zu verlassen: als die Ordensschwestern 1992 die Leitung abgaben und ein weltlicher Leiter kam. "Da hatte ich wirklich Sorge, ob dieser das Haus so gut weiterführen könnte und ob er die gleichen Wertevorstellungen mitbringen würde, die mir vermittelt wurden und mir wichtig waren und sind. Ich hätte hier auf keinen Fall Kompromisse eingehen wollen. Der Mensch muss bei unserer Arbeit immer im Mittelpunkt stehen." Susie Faltermeier dachte gar nicht darüber nach, sich in einem anderen Altenheim zu bewerben, da ihr das St. Josef damals schon zu sehr ans Herz gewachsen war. Lieber wollte sie etwas ganz anderes machen und erkundigte sich vorsorglich beim Arbeitsamt nach Möglichkeiten, zur Schreinerin umschulen zu können. Doch dort wurde ihr dieser Gedanke ausgeredet. So blieb sie und wartete erst einmal ab, wie es sich unter dem neuen Einrichtungsleiter Günther Gimpl entwickelte. "Und es entwickelte sich Gott sei Dank gut. Wir wurden ein gutes Team", so die Pflegedienstleiterin im Rückblick.
In ihrer langen Dienstzeit hat sich vieles im Haus verändert. Die Menschen zogen früher noch jünger, rüstiger und selbständiger ins Altenheim ein. "Heute sind von unseren 142 Bewohnerinnen und Bewohnern nur noch rund 15 rüstig und alle anderen pflegebedürftig. Die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist von anfangs vielleicht 30 auf heute 135 angestiegen", informiert Faltermeier. In den ersten Jahren kam man auf ihrer Station, die vom Erdgeschoß bis zum 7. Stock reichte, mit drei Büchern aus: dem Nachtwachbuch, dem Visitenbuch und dem Übergabebuch. "Und doch wussten wir alles von den Menschen, die hier lebten. Heute haben wir hingegen Dokumentation und Bürokratie ohne Ende - wenn ich allein daran denke, welchen großen bürokratischen Aufwand es für unsere Mitarbeitenden im Wohnbereich bedeutet, einen Krankentransport genehmigen zu lassen und zu organisieren." Früher gab es für das Pflegepersonal viel mehr Zeit, sich um die Bewohnerinnen und Bewohner zu kümmern, Zeit für Gespräche, Spaziergänge und Betreuung. "Das vermissen wir in der Pflege sehr." Heute übernehmen vieles die Betreuungskräfte. Diese Berufsgruppe gab es früher noch gar nicht. "Es wäre aber auch unfair zu sagen, dass früher alles besser war, es war anders. Heute gibt es zum Beispiel wesentlich mehr Angebote: vom Gedächtnistraining über Musiknachmittage, Gymnastik und Sturzprävention bis zu Männerstammtischen, Damensektfrühstücken, Cocktailstunden, Eiswagen- und Kioskwagenfahrten sowie Ausflüge mit dem Kleinbus", so die Pflegedienstleiterin.
Zu den am wenigsten schönsten Erfahrungen gehört für die Pflegedienstleiterin natürlich die Coronazeit, in der es im Haus zu mehreren Ausbrüchen und Todesfällen durch und mit Corona kam. "Doch selbst diese Zeit hatte etwas Gutes, denn sie hat uns alle noch mehr zusammengeschweißt. Ich weiß noch, wie stolz wir, Mitarbeitende sowie Bewohnerinnen und Bewohner, damals waren, als wir gemeinschaftlich bei einer ganztägigen Impfaktion unsere erste Coronaimpfung bekommen haben. Wir hatten damals so viel Hoffnung." Das Schönste für die Pflegedienstleiterin waren und sind die Begegnungen mit den vielen unterschiedlichen Menschen in der Einrichtung. Und deren Rückmeldungen zur Arbeit der Mitarbeitenden. "Ich freue mich über jedes Lächeln unserer Bewohner und wenn sich jemand über mein Lachen freut. Das tut gut, wenn ein Bewohner mir das sagt." Und Susie Faltermeier liebt die vielen Feste im Haus: vom Fasching über das Sommerfest, die Sonnwendfeier, das Kürbisfest bis hin zum Adventsmarkt.
Vor knapp zehn Jahren sagte die Pflegedienstleiterin einmal: "In Fragen zur Betreuung bei Krankheit und am Lebensende brauchen wir viele helfende Hände." Diese Hände sind für sie die der hauptamtlichen Mitarbeitenden, die der Geistlichen und Ehrenamtlichen, darunter seit Jahren auch eine freiwillige Hospizhelferin. Doch es gehe nicht nur um Dienste am Lebensende wie die Sterbebegleitung, sondern auch um Lebensbegleitung. "Wir haben insgesamt etwa 40 Ehrenamtliche mit ganz vielfältigen Aufgaben: vom Pfortendienst, über musikalische Angebote, Gymnastik und Sturzprävention, Besuchsdienste, Busausflüge, Betreuung der Kaffeestube bis hin zu unserem Kioskwagen, der über die Stockwerke fährt", berichtet die Jubilarin.
Wünscht mehr Zeit für die Arbeit am Menschen
Für Susie Faltermeier ist ganz wichtig: "Mir wird viel Vertrauen entgegengebracht und das Miteinander hier ist toll. Es ist immer schön, wenn wir etwas gemeinsam schaffen und geschafft haben." Das Caritas-Seniorenheim St. Josef sieht die Pflegedienstleiterin als "mein Haus und unser Haus, in dem ich viel bewirken kann, viel Verantwortung übernehmen kann und viel freie Hand habe, um eigene Ideen umzusetzen." Sie wünscht dem Haus zu seinem diesjährigen 50-jährigen Jubiläum, "dass es in der Zukunft weiterhin immer ein gutes Leitungsteam hat, welches das Haus in die richtige Richtung lenkt. Außerdem wünsche ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weniger Bürokratie und mehr Zeit für die Arbeit am Menschen. Und ich wünsche dem Haus St. Josef, dass es noch ganz viele Feste feiern darf."