"Ich kann mir nichts anderes mehr für mich vorstellen und spüre einen innerlichen Reichtum durch meine Arbeit", meint die 32-jährige Svenja Bauer, die als Pflegefachkraft im Caritas-Seniorenheim St. Pius Ingolstadt arbeitet. Svenja Bauer gehört zu 27 Frauen und Männern, die dieses Jahr erstmals eine dreijährige generalistische Pflegeausbildung beim Caritasverband für die Diözese Eichstätt abgeschlossen haben und zu 17, die in den Einrichtungen dieses Verbandes geblieben sind. "Ich verstehe meine Arbeit als Berufung und wollte zudem in einen Beruf ein-steigen, in dem es Arbeitsplatzsicherheit gibt", begründet sie, weshalb sie die Ausbildung absolviert hat und jetzt als Pflegefachfrau im Caritas-Seniorenheim arbeitet.
"Menschen auf ihrem letzten Weg begleiten"
Da die Azubis in dieser generalistischen Ausbildung sowohl in der Altenpflege als auch in der Kranken- und Kinderkrankenpflege qualifiziert werden, hätte Svenja Bauer auch einen anderen Weg gehen können, zum Beispiel in einem Krankenhaus arbeiten können. Doch die Altenpflege reizte sie, "weil ich hier Menschen auf ihrem letzten Weg begleiten kann und ich viel über Lebensgeschichten erfahre". Biografiearbeit liegt ihr denn auch besonders am Herzen, "indem ich zum Beispiel Musik abspiele, bei der ich weiß, dass eine Seniorin oder ein Senior diese schon ein Leben lang gerne gehört hat". In Kürze will Svenja Bauer sich zur Praxisanleiterin für Azubis weiterbilden.
Auch Laura Riemer (20) hat heuer die generalistische Pflegeausbildung abgeschlossen und sich bewusst dazu entschieden, in der Altenpflege im Caritas-Seniorenheim St. Pius zu arbeiten. "Anders als in der Krankenpflege kann ich hier im Pflegeheim über einen längeren Zeitraum eine Beziehung zu den mir anvertrauten Menschen aufbauen", meint sie und erklärt: "Wenn ich von den alten Menschen ein Lächeln als Dank für meine Arbeit zurückbekomme, macht mich das glücklich".
Neue Ausbildung noch verbesserbar
Svenja Bauer und Laura Riemer schätzen es, durch die neue generalistische Ausbildung auch einen Einblick in andere Bereiche als die Altenpflege bekommen zu haben, "zum Beispiel in Kinderheilkunde", so Laura Riemer. Sie verschweigen allerdings auch nicht, dass sie sich in dieser seit 2020 angebotenen Ausbildung zum Teil detailliertere Einblicke gewünscht hätten. Laura Riemer vermisste einige Praxisanwendungen in der Behandlungspflege, etwa die Versorgung eines Tracheostomas, also eines künstlichen Luftröhrenzugangs. Ihre Chefin, die kommissarische Einrichtungsleiterin Marion Marx, pflichtet den beiden qualifizierten Azubis bei, dass einiges an der generalistischen Pflegeausbildung noch verbessert werden könne, etwa dadurch, dass die Schulen "eine einheitlichere Struktur bekommen". Da die neue Ausbildung mehrere Bereiche abdeckt, hielte sie es zudem für gut, wenn sie nicht nur drei, sondern vier Jahre dauern würde, "um mehr in die Tiefe gehen zu können".
Andererseits führt Marion Marx bisherige Defizite auf die Corona-Pandemie zurück, "die ausgerechnet zum Neustart der Ausbildung ausbrach und so vieles in der Praxisanleitung unmöglich machte". Ob sich die generalistische Ausbildung bewährt oder nicht oder die reine Ausbildung in der Altenpflege früher besser war, kann man der Einrichtungsleiterin zufolge daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wirklich beurteilen. "Das geht erst in zwei oder drei Jahren". Für positiv hält die Einrichtungsleiterin unterdessen, "dass in der neuen Ausbildung zehn Prozent der Zeit als Praxisanleitung vorgeschrieben sind".
Unabhängig von der Art der Ausbildung ist Marion Marx davon überzeugt, mit Svenja Bauer und Laura Riemer "zwei ganz wertvolle Mitarbeiterinnen gewonnen zu haben". Vieles, was diese noch nicht in der Ausbildung lernten, "konnten sie bei der Einführung in ihre Arbeit als Fachkräfte auf-holen". Marion Marx hofft sehr, dass sie weiterhin motivierte Auszubildende findet. Derzeit sind bei ihr im Haus die sechs möglichen Plätze für die generalistische Pflegeausbildung belegt. Sie hofft, dass sie auch für September 2024 wieder genügend Bewerberinnen und Bewerber findet.
Selbstverständlich ist das nicht. Laut dem Statistischen Bundesamt sank die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Deutschland von 2021 auf 2022 um sieben Prozent. Von 2020 auf 2021 hatte man sich hingegen noch über eine Steigerung der Pflegeausbildung um fünf Prozent freuen können. Der für die Caritas-Altenhilfe im Bistum Eichstätt verantwortliche Abteilungsleiter Norbert Bittner informiert, dass die Abbruchsquote bei den Azubis der ersten generalis-tischen Ausbildung im Caritasverband mit rund 20 Prozent relativ niedrig gewesen sei. Er macht Interessierte darauf aufmerksam, "dass Auszubildende zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann im Vergleich zu anderen Berufsausbildungen gut bezahlt werden: ab März 2024 bei der Caritas im ersten Ausbildungsjahr mit knapp 1.350 Euro brutto und im dritten Ausbildungsjahr mit gut 1.500 Euro".
Kontaktfreudigkeit und Empathie wichtig
Entscheidender, um diesen Beruf zu ergreifen, sei freilich, dass die Pflege "ein schöner und viel-seitiger Beruf ist". Man sei gleichzeitig als "Mediziner, Seelsorger, Clown und Anwalt für alte Menschen gefragt sowie als Teamplayer im Umfang mit Kolleginnen und Kollegen, Angehörigen, Ärzten und anderen". Wer sich vor einer Ausbildung einen genaueren Einblick verschaffen will, dem oder der empfiehlt Bittner, einmal ein Praktikum oder zumindest einige Schnuppertage in einer Pflegeeinrichtung zu absolvieren. Marion Marx, die bereits seit 36 Jahren in der Altenpflege tätig ist, hält ihren Beruf "für einen der schönsten Berufe der Welt. Ich könnte ein Buch mit 1.000 Seiten über schöne Dinge schreiben, die ich erlebt habe." Wichtig seien Kontaktfreudigkeit, Empathie und Interesse an dem Beruf. "Alles andere kann man lernen."