"Das A und O ist, neue Pflegefach- und Pflegehilfskräfte zu gewinnen. Dafür muss es mehr Anstrengungen und Anreize geben." Das erklärt der für die Caritas-Altenhilfe im Bistum Eichstätt verantwortliche Abteilungsleiter, Norbert Bittner, anlässlich des Internationalen Tages der Pflege am 12. Mai. Bittner macht darauf aufmerksam, dass die 20 Caritas-Seniorenheime in der Diözese derzeit im Durchschnitt nur zu gut 90 Prozent ausgelastet seien, weil sie für eine Vollbelegung die nötige Fachkraftquote von 50 Prozent der Mitarbeitenden nicht erfüllten. Immerhin sei noch keine Einrichtung in ihrer Existenz bedroht. Das müsse angesichts des bundesweiten negativen Trends schon als Erfolg gewertet werden: "Letztes Jahr haben in Deutschland schließlich 142 Heime zugemacht, hingegen wurden nur 107 neu eröffnet", teilt Bittner mit und meint: "Da es immer mehr pflegebedürftige Menschen gibt, ist das natürlich eine fatale Entwicklung."
Verpflichtendes Schulpraktikum
Der Caritas-Verantwortliche hält eine von der Bundesregierung zum 1. Juli eingeführte neue Personalbemessung in stationären Pflegeeinrichtungen für einen kleinen Schritt in die richtige Richtung: Aktuell stelle nicht nur die Erfüllung der vorgeschriebenen Fachkraftquote für viele stationäre Einrichtungen aufgrund des Fachkräftemangels ein massives Problem dar. Auch würden Fachkräfte mit Tätigkeiten belastet, die ebenso von Hilfspersonal ausgeführt werden könnten. Nach der neuen Personalbemessung wird die Fachkraftquote etwas gesenkt und die anderen Stellen können dann mit sogenannten Pflegefachhelferinnen und -helfern mit einer einjährigen Ausbildung besetzt werden. "Allerdings sind auch nicht genügend Pflegefachhelferinnen und -helfer auf dem Markt", informiert Bittner. "Daher darf man sich von dieser Maßnahme auch nicht zu viel versprechen." Seiner Meinung nach hat die Politik es in den letzten Jahren versäumt, bei jungen Menschen den Pflegeberuf attraktiv zu machen. "In Schulen sollte ein verpflichtendes Praktikum im Sozialbereich eingeführt werden", fordert der Caritas-Verantwortliche angesichts des Personalmangels in diesem Bereich.
Der Caritasverband hat Bittner zufolge zuletzt drei Initiativen gestartet, um möglichst mehr Mitarbeitende zu gewinnen: Erstens hat er einen Arbeitskreis Personal ins Leben gerufen, zweitens ein neues ergänzendes Arbeitsmodell Flexpool eingerichtet, um Pflegefach- und Pflegehilfskräfte in Springertätigkeit zu bekommen - vorerst für die fünf Caritas-Seniorenheime im Landkreis Neu-markt. "Und drittens werden wir in Kürze Bereichsleiterinnen und -leiter in den Seniorenheimen in besonderer Weise schulen. Diese Führungskräfte sind besonders nah an den Mitarbeitenden dran, wissen, wo sie der Schuh drückt, und sollen sie künftig noch besser fördern und begleiten können", informiert Bittner.
Eine bedauerliche Entwicklung sieht der Caritas-Verantwortliche darin, dass die pflegebedürftigen Menschen in Seniorenheimen immer höhere Eigenanteile entrichten müssen. "Im Jahr 2010 lag dieser Anteil noch bei rund 1.600 Euro. Seitdem ist er um ungefähr 1.000 Euro in die Höhe geschnellt", so Bittner. Damit nicht mehr von diesen Pflegebedürftigen in die Sozialhilfe abrutschen, werden zum 1. Januar 2024 die Zuschläge, welche die Pflegekasse an diese Menschen in vollstationären Einrichtungen zahlt, erhöht: Die Sätze werden von 5 auf 15 Prozent des Eigenanteils bei 0 bis 12 Monaten Verweildauer, von 25 Prozent auf 30 Prozent bei 13 bis 24 Monaten, von 45 auf 50 Prozent bei 25 bis 36 Monaten und von 70 auf 75 Prozent bei mehr als 36 Monaten angehoben. "Das ist eine gute Maßnahme. Ob sie angesichts der Inflation allerdings aus-reicht, um den Betroffenen zu helfen, muss man abwarten", meint Bittner.
Erleichtert über Corona-Ende
Erleichtert zeigt sich der Caritas-Abteilungsleiter darüber, "dass Corona in den Seniorenheimen mittlerweile fast keine Rolle mehr spielt". Seiner Meinung nach kann man den Pflegekräften nicht genug dafür danken, was sie in dieser Zeit auf sich genommen und geleistet haben. "Wir haben weiterhin viele Probleme in der Pflege, aber die größte Belastung, die wir in der Corona-Zeit hatten, ist Gott sei Dank vorbei", ist Bittner froh.